Vorab: Ich halte die Bezeichnung Fruchtendfäule auch für sinnvoller. Es hat sich aber die Bezeichnung Blütenendfäule BEF eingebürgert. Analog auch im Englischen: Blossom End Rot (BER).
Anna, deine Aufgliederung zeigt deutlich die Komplexität der Thematik und mit deinem Hinweis auf Gwh wäre es hilfreich, wenn man erkennen könnte, wie einzelne user anbauen (Gwh, Unterstand mit Erdkontakt, Kübel).
Ich habe mich intensiv in die BEF-Thematik eingearbeitet und viel dabei gelernt. Ich habe in diesem Zusammenhang auch alte Beiträge in Foren durchforstet, um zu erfahren, was an Kenntnissen vorliegt und stoße dabei häufig auf den heißen Tipp: “Probier doch ‘mal Brausetabletten“ (quasi Nothelfer, Wunderheilmittel). Und die Tablettenform suggeriert das ja fast.
Ich hatte mich in dem thread
http://www.tomaten-forum.com/Thread-Toma...l-pflanzen
kritisch dazu geäußert, insbesondere weil der „heiße Tipp“ immer wieder unreflektiert weitergereicht wird.
Darkdurben hatte dazu geantwortet:
Zitat: Natürlich kann man befallene Früchte nicht damit retten, aber die nächsten Nachkommenden sind gesund. Außerdem gieße ich mittlerweile Sorten bei denen ich aus Erfahrung von BFE Empfindlichkeit weiß entsprechend früh mit den aufgelösten Calziumtabletten. Und, oh Wunder, nie mehr Probleme gehabt . Aber das kann ja jeder mache wie er möchte
Meine Antwort: Darkdurben, du wirst es vielleicht erstaunlich finden, aber deiner Darstellung bezügl. BEF und Brausetabletten kann ich in dieser Form ausdrücklich zustimmen.
Bevor man sich auf die Brausetabletten einlässt, sollte man aber erst einmal eine Tablette in einem Wasserglas auflösen und länger warten. (Der Sprudeleffekt (CO2) entsteht aus der Reaktion des hohen Citronensäure-Anteils mit dem zusätzlich enthaltenen Natron.)
Was sich da als
schwerlöslicher, wolkiger Bodensatz absetzt, ist Calcium-Citrat (Danke somec: kein Zitronat).
Eine Tablette enthält heutzutage 500 mg Calcium (das ist etwa das Gewicht einer metallischen Heftklammer). Vor wenigen Jahren lag der Wert noch beim Doppelten. Ich vermute heute aus gesetzlichen Gründen reduziert, weil mit 1g die von der Weltgesundheitsorganisation WHO vorgeschlagene Tagesmenge bereits durch das Nahrungsergänzungsmittel Ca-Tablette ohne weitere Nahrungsaufnahme erreicht wird.
500 mg Ca auf Kalk umgerechnet, entspricht 1,25 g. Das ist die Menge Calcium-Carbonat, die in einer Tablette enthalten ist. Daraus wird der Niederschlag im Glas (gut 2g Ca-Citrat) gebildet.
Diese „Riesenmenge“ von 500 Milligramm ist zudem schwerlöslich als Citrat gebunden. Nur ein minimaler Teil davon steht zur Aufnahme durch die Wurzeln zur Verfügung.
Noch eklatanter ist der heiße Tipp mit den
Eierschalen.
Eierschalen, Muscheln, Schneckenhäuser, Marmor, Kesselstein, Rasenkalk…. bestehen aus bzw. enthalten Kalk (Calcium-Carbonat). Dieses löst sich in Wasser nur mit 14 mg pro Liter (Milligramm !!) = Calcium- incl. Carbonat-Ionen, nur auf Ca bezogen sind es noch weniger. Um eine Größenvorstellung zu geben: das entspricht grob dem Gewicht einer Ameise. Da hilft auch feinstes Zerreiben nichts. Löslichkeit ist ein Grenzwert, das Zerreiben hilft nur, dass dieser Wert schneller erreicht wird.
BEF entsteht durch das Zerplatzen von Zellen am Fruchtende wegen Calcium-Mangels infolge von verschiedenen Stressproblemen insbesondere zur Zeit des intensivsten Fruchtwachstums (=Knubbelstadium, also bevor die Schädigung optisch sichtbar wird).
Wie soll unter den Aspekten: frühe,
irreversible Schädigung, geringe Einsatz-Menge Ca, schwere Löslichkeit (Ca-citrat, -carbonat) und lange Wegstrecke Wurzel bis zur Fruchtspitze mit solchen heißen Tipps schnelle Hilfe eintreten ?
Die Vorgehensweise von Darkdurben hingegen ist
eine sinnvolle Möglichkeit. Der entscheidende Unterschied zu den heißen Tipps ist die
Vorsorge und die
mehrfache Anwendung der Tabletten-Therapie.
Es kommt
nicht auf die gesamte
absolute Menge an Ca-
Verbindungen (Kalk etc.) im Boden an, sondern auf die Menge an
frei i
m Saftstrom beweglichen Ca-Ionen.
Das kann man auf verschiedene Wege erreichen, z.B. Dolomitkalk, Urgesteinsmehl, auch zerriebene Eierschalen….
frühzeitig, schon bei der
Kompostierung oder im
Herbst der Erde beimischen !!. Dann besteht genügend Zeit, dass sich Ca freisetzt. Oder nach Darkdurben: beginnen Ca-Citrat
vor der Blüte zuzusetzen und dann zu
wiederholen. Ca-Citrat ist immerhin besser löslich als Kalk und wird als organische Verbindung durch Bodenbakterien schneller abgebaut. In diesem Sinne durchgeführt ist im Prinzip aber
jede Calcium-Quelle (in unterschiedlichem Maße: je löslicher, je besser) geeignet, also auch nichts gegen Eierschalen, wenn sie feinzerrieben mit der Absicht als
langsam wirkende Calciumquelle bei der Vorbereitung !! der Erde eingesetzt werden.
Die Basis für ein Gelingen ist die verwendete Erde ! Das ist bei den Kübelanbauern besonders kritisch. Was macht ihr, wenn kein Kompost zur Verfügung steht, verwendet ihr Pflanzerde aus dem Baumarkt, wie bereitet ihr sie auf ?
Ich frage mich, was der
besondere Kick bei den immer wieder erwähnten Eierschalen ist (das ist fast
reines Ca-Carbonat). Eierschalen fallen nebenbei im Haushalt an, keine Extra-Kosten, meine Oma hat schon …. o.k. .
Das geht aber bequemer mit Rasenkalk, Gartenkalk …(Herkunft: zermahlene Gesteine), die es heutzutage im Baumarkt preiswert, kiloweise gibt,
z.B. Kohlensaurer Magnesiumkalk 90 = 55 % CaCO3 + 35 % MgCO3 (+ Spurenelemente + unlösliche Gesteinsreste). Um an diese Info zu kommen, muss man nur die Deklaration auf der Rückseite der Plastik-Säcke lesen. Im Gegensatz zu den Eierschalen ist also zusätzlich
Magnesium Mg enthalten, und das ist zentraler Bestandteil des Chlorophylls, sorgt für kräftiges Blattgrün und muss nicht erst über spez. Tomatendünger zugeführt werden. Teurer, aber sicher sehr gut geeignet ist das Urgesteinsmehl.
In den USA wird auch häufig Agro Gypsum (Gips,
Calcium-Sulfat) als Langzeitquelle verwendet, (verändert den pH-Wert nicht, während Kalk die Erde alkalischer macht).
Eine weitere wichtige,
schwerlösliche Calcium-Verbindung ist das
Ca-Phosphat.
Meine klare Meinung: Für BEF gibt es
keine Soforthelfer. Schwerlösliche Calcium-Verbindungen eignen sich am allerwenigsten.
Und, wenn es doch geholfen hat, dann ist es wie bei dem indianischen Regenmacher: Wenn die Dürre vorüber ist, hat der Zauber gewirkt.
Das Thema: Löslichkeit von Ca-Verbindungen war der Auslöser, mich mit der Thematik in Bezug aus BEF auseinander zu setzen. Daraus lassen sich zahlreiche
Zusammenhänge ableiten.