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Meine Tomaten-Anfänger-Fehler und was ich daraus gelernt habe
#1
Dieser Text richtet sich an Anfänger wie ich es bin. Erstmalig Tomaten gezogen - im nicht einfachen Jahr 2021. Für die versierten Tomatenanbauer, die mir hier viele, wertvolle Tipps gegeben haben (danke euch!), wird dieser Post langweilig sein.

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Ich möchte zu Anfang erwähnen, dass ich definitiv *nicht* mit einem grünen Daumen gesegnet bin und ich in meiner vorherigen Wohnung -aus Unwissenheit- alles gekillt habe was lebt. Dass meine damaligen Buchsbäumchen in ihren Balkonkästen wochenlang um ihr Leben gekämpft haben (und nicht einfach über die Reling gehüpft sind, um -4 Stockwerke runter- den einfachen Freitot zu wählen) rechne ich ihnen heute noch hoch an…

Das war vor 10 Jahren. Seitdem keine Pflanzen mehr. 

Jetzt, neue Wohnung, neuer Balkon. Ich dachte „Hey, das mit den Pflanzen - lass noch mal probieren!“

Neben all den Blumen und Kräutern hatte ich auch -total blauäugig und unbedarft- zwei Tomatenpflanzen im Gartencenter mitgenommen. Damals kannte ich noch nicht den Unterschied zwischen F1 und samenfest. Von der Existenz „alter Sorten“ ganz zu schweigen. Es war einfach ein Spontan-Kauf. 
Jetzt denke ich, als totale Anfängerin, ein Glücksgriff! Denn was kann man schon bei F1 und zudem veredelten Pflanzen falsch machen? 
Da ich beide Pflanzen unterschiedlich behandelt habe, zeigte sich doch das ein oder andere, was ich nachweislich falsch gemacht habe. Und das möchte ich hier teilen.

Ich wollte das Fiasko, das ich mit den Buchsbäumchen erlebt hatte, vermeiden und habe ein Buch gelesen, dieses Forum eifrig durchstöbert und gefühlt 100 YouTube Videos angeschaut.

Hier zunächst die Voraussetzungen:

Sorte: Cherrytomate F1 Hybrid veredelt
Einpflanzung: Ende Mai
Standort: München, West-Süd-Ostbalkon, also nach 3 Seiten offen, luftig. Bei Regen beide Pflanzen regelmäßig und gewissenhaft in die überdachte Balkonmitte geschoben
Grunddüngung bei Einpflanzung: Hornspäne, Urgesteinsmehl, Magnesiumsulfat (Pflanze 1 zusätzlich EM)
Bedarfsdüngung: Seit Anfang Juli 1x pro Woche Bio Flüssig Obst-und Gemüsedünger
Nachdüngung: Hornspäne, Urgesteinsmehl, Magnesiumsulfat, EM (1/2 Portion der Grunddüngung)



Was habe ich nun meiner Erfahrung nach richtig und falsch gemacht?

1. Rigoroses Ausgeizen

Abgesehen von Buschtomaten las/sah ich immer wieder, dass Tomatenpflanzen regelmäßig ausgegeizt werden müssen. Hier kam mir tatsächlich mein Nicht-Wissen zugute, da ich anfangs nicht ausmachen konnte, was überhaupt der Haupttrieb und was Geiztrieb ist. Gerade wenn sich die Pflanze offenbar „geteilt“ hat und beide Triebe -rechts wie links- gleich stark waren. So hatte ich beide Pflanzen ungewollt 2-triebig gezogen, was sich bei meinen wuchsfreudigen Cherrytomaten im Nachhinein als durchaus vorteilhaft im Bezug auf Ertrag rausgestellt hat.

2. Ein Blättchen von 100 nicht „normal“ - Hilfe, meine Pflanze stirbt!

Als Anfänger ist man nervös und verfolgt die Entwicklung der Pflanzen genau. Du willst ja alles richtig machen. Also informierst Du Dich. Unweigerlich liest und siehst Du in Videos 1000 Dinge, die Deine Pflanzen befallen können und vermeintlich töten…. Früher oder später erspähst Du ein Blättchen, das nicht so grasgrün aussieht wie die anderen. Und schon geht’s los: „Das ist nicht normal! Was ist das? Hilfe! Was muss ich tun?!“
Da hat mir die Community hier im Forum echt geholfen:  Nicht gleich in Panik geraten. Nicht kopflos an der Pflanze rumschnippeln oder sprühen. Stattdessen abwarten & beobachten. Die Pflanze hat ausgeklügelte Abwehrmechanismen. Wie ich gelernt habe kann sie sogar erkennen, wer da gerade an ihr knabbert. Und entsprechende Abwehr Mechanismen in Gang setzen. Das funktioniert. Die Erfahrung zeigte, vieles regelt sie von selbst. 

3. Gießen - eine Wissenschaft?

Gießen ist ja so eine Sache für sich. Und es ist leicht nachvollziehbar warum es keine Patentlösung gibt: Gewächshaus, Freiland, Kübel… Temperatur, Sonneneinstrahlung, Wind…
Ich als Anfänger war da lange unsicher. Da meine Pflanzen im Kübel gefangen sind war klar, sie brauchen mehr Aufmerksamkeit. Aber wie Gießen? 
Den unterschiedlichen Voraussetzungen zum Trotz gibt es da draußen viele Meinungen (die je nach Voraussetzung umstritten sind)
  1. Immer abhängig vom Wetter Gießen
  2. Nicht über die Blätter Gießen, wegen Pilzgefahr
  3. Nur morgens Gießen, wegen Verbrennungen oder wieder Pilzgefahr
  4. Wenig dosiert aber kontinuierlich per Tropfbewässung Gießen
  5. Viel auf einmal Gießen, damit sich die Wurzeln nach unten ausbilden
  6. Wenig Gießen, damit die Früchte Geschmack haben
  7. Regelmäßig Gießen, damit die Früchte nicht platzen
Gießen ist wohl eine Wissenschaft für sich und nicht nur abhängig von der Pflanzung, dem Standort, dem Wetter… sondern auch vom aktuellen Entwicklungsstand der Pflanze.

Ich hatte die Pflanzen zu Beginn via Tropfbewässerung versorgt. Und die Bewässerung nach Wetterlage über das Handy angepasst. Sie sind beide prächtig gewachsen, aber je größer sie wurden, desto mehr bedurfte es ein Rumfummeln (Re-kalibrieren) an der „automatischen“ Bewässerung. 
Irgendwann dachte ich mir, hey, die Pflanzen stehen auf dem Balkon, nur einen Schritt raus und einfach nachsehen, was sie mir sagen. Kein Rumkratzen an der Erde. Mir fehlt da der der grüne Daumen um interpretieren zu können, ab wieviel cm/ mm Erdoberfläche Trockenheit sie Wasser brauchen. Stattdessen schaue ich mir die Pflanze an. Hängen die oberen Blätter trotz regelmäßiger Wassergabe schlaff runter -> nachgießen. Zeitnah. Da warte ich auch nicht extra bis zum nächsten Morgen.

Gelernt habe ich: Automatische Tropfbewässerung, selbst Handygesteuert, hatte es nicht gebracht. Vielleicht wenn ich zusätzlich einen Feuchtigkeitsmesser eingesetzt hätte. Aber mal ehrlich, für 2 Tomatenpflanzen auf dem Balkon mehrere hundert Euro ausgeben? Wenn nur ein Blick auf die Pflanze genügt?

4. Blätter entfernen

Mit jedem Text, den ich gelesen hatte und mit jedem YouTube Video, das ich verschlungen hatte, wuchs die Angst vor der bösen „Kraut- und Braunfäule“. Im Jahr 2021 eine durchaus berechtigte Angst. Aber ich fing schon im Juni an, die Pflanzen zu bearbeiten. Habe alle Blätter unterhalb des ersten Blütenstands entfernt. Und bei Pflanze 2 habe ich auch jeweils das Batt unterhalb aller Blütenstände entfernt. Dabei jedoch nie mehr als 1 Blatt auf einmal, um die Pflanze nicht „zu stressen“. 

Die Erfahrung war folgende: Pflanze 1, die ich nach Entfernen der unteren Blätter vollkommen in Ruhe gelassen habe, hat sich prächtig entwickelt.
Pflanze 2, deren weitere Blätter ich entfernt hatte, reagierte… (ich weiß, das ist Unsinn, aber lasst es mich trotzdem so formulieren) …reagierte trotzig! Als wollte sie sagen „Okay, Du willst weniger Blätter? Kannst Du haben!“ Nach dem Zurückschneiden vergrößerten sich die Internodien signifikant und die Blätter waren nur noch 1/4 so groß wie zuvor. Auch die Blütenstände waren nicht mehr so füllig.

Am 2. Trieb wuchsen die Blätter sogar ganz verkümmert. Deformierten sich, blieben winzig, als hätte jemand Unkrautvernichter gesprüht. Ich hab zunächst an Überdüngung gedacht, da sich ja nun der gleiche (in der Erde befindliche Langzeit-) Dünger auf viel weniger Blattmasse verteilte. Aber der 2. Trieb erholte sich nicht mehr. Der 1. Trieb wuchs normal, jedoch mit weit aus kleineren Blättern und wie gesagt, größere Internodien.
Gelernt habe ich daraus: In Zukunft werde ich nie mehr ohne Grund einfach Blätter entfernen. Zumal ich die Pflanzen vorsorglich bei Regen unter‘s Dach ziehe. Völlige Überreaktion meinerseits bei Pflanze 2 auf die Kraut- und Braunfäule.

5. Haupttrieb kappen 

Ich sah auf diversen YouTube Videos immer wieder, dass die Pflanzen nach 4 - spätestens 5 Fruchtständen gekappt werden sollten, da sie die restlichen Fruchtstände eh nicht mehr ausbilden können. Viele propagieren diesen Schnitt spätestens Mitte August - und das generell, nicht nur für große Fleischtomaten.

Zugegeben, auf dem Balkon ist nach oben hin auch irgendwann Schluss. Da kommt das Dach oder die Etage des Nachbarn. 

Bei mir ist nach 2,5 Metern Ende, wenn ich sie bei Regen noch unter das Dach schieben möchte. Also habe ich bei Pflanze 2 die Triebe tatsächlich oben gekappt.
Bei Pflanze 1, die ich ja zuvor vollends in Ruhe gelassen habe und die sich prächtig entwickelt hat, habe ich zeitnah eine andere Strategie angewandt. Aus Platzmangel nach oben, habe ich die -mittlerweile 3 Triebe- umgeleitet. Der Topf, in dem die Pflanze steht, ist viereckig. In jeder Ecke steckt ein Tomatenstab. Ich habe hier einfach die Triebe sukzessive, sanft im Kreis außen um die Tomatenstäbe geführt, statt sie weiter nach oben wachsen zu lassen. 
Dort bildet sie weiterhin fleißig Früchte aus.

——-

Abschließend kann ich sagen, dass sich die Tomatenpflanze 1 weitaus besser entwickelt hat. Da beide von der gleichen Sorte sind, und die Gegebenheiten nahezu identisch waren, schließe ich daraus, dass Pflanzen sehr gut selbst zurecht kommen. Ein ewiges Betüddeln, Beschnippeln, und vielleicht auch Besprühen, ist meiner Erfahrung nach -in geschützter Umhebung- eher kontraproduktiv.… 

——

Angesichts der wirklich üblen Wetterverhältnisse in 2021 und den damit einhergehenden, verheerenden Ausmaßen - nicht nur bezüglich der Pflanzen - (Unsere Gedanken und Spenden sind bei euch, NRW, Aachen/Stolberg, Heimatstadt) möchte ich nochmals betonen, dass meine Tomaten immer geschützt standen und daher bis dato keine Maßnahmen gegen die Kraut- und Braunfäule nötig waren.

——

Vielleicht hilft meine Erfahrung dem ein oder anderem Balkon-Pflanzen-Neuling…

Danke an alle hier, die dazu beigetragen haben, dass ich bisher schon knapp 300 unfassbar gute Tomaten von nur zwei Pflanzen ernten konnte. Ein Ende ist noch nicht in Sicht.

[Bild: mobile.42cgkhj.jpeg]

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#2
Schöne Pflanzen.
"Mit 90 Prozent aller Menschen nicht übereinzustimmen ist eine der wichtigsten Anzeichen für geistige Gesundheit."


Oscar Wilde
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#3
Dein Bericht ist klasse!!! Weiter so!
Die Tomate ist eine Frucht, die wohl unmittelbar aus dem Paradiese zu uns gekommen sein muß, und wenn sie nicht die hesperidischen Äpfel bedeutet, gewiß der Apfel gewesen ist, den Paris der Venus bot, sehr wahrscheinlich auch der, welchen die Schlange zur Verlockung der Eva anwendete.
Eugen van Vaerst
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#4
Das hast du sehr schön geschrieben, Anna - und deine Pflanzen sind super gediehen. Schön, so ein Erfolg .. und wenn er dann noch lecker ist.  Nyam
Ich köpfe auch nie .. leite phantasievoll    wink   um. 
Die Blüten, denen ich keine Chance zur Reife mehr zurechne, knipse ich schon als Knospen aus ... so ich sie rechtzeitig erspähe. :whistling: 
In diesem Jahr .. kalt und nass ... fällt mir das nicht schwer.  :no:
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#5
Tolle Pflanzen! Und ein Supererfahrungsbericht!
Liebe Grüße, Tubi
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